Brandkatastrophe in Kallmuth
von Albert Velser, Vussem
Vor nunmehr 140 Jahren wurde der Ort Kallmuth von einer großen Brandkatastrophe heimgesucht. Kurz darauf wurde schon im Unterhaltungsblatt und Anzeiger für den Kreis Schleiden und Umgebung zur Hilfe für die Geschädigten aufgerufen.
Aufruf!
„Ein furchtbares Brandunglück hat am gestrigen Tag das Dorf Kallmuth im hiesigen Kreise heimgesucht. 34 Gebäude sind ein Opfer der Flammen geworden; 166 Menschen und das denselben gehörige Vieh sind obdachlos. Die schon eingescheuerte Heu- und Roggenernte, Kleidungsstücke und Hausgeräte der Betroffenen sind verbrannt, ohne das dieselben versichert waren. Die von dem Unglück heimgesuchten Familien, meist arme Tagelöhner, sind dadurch der bittersten Noth Preis gegeben, wenn ihnen nicht von mitleidigen Menschen schleunige Hülfe zu Theil wird. Die Unterzeichneten wenden sich daher an alle Menschenfreunde mit der Bitte um Unterstützung in Geld oder Victualien. Ganz besonders wird der Hoffnung Raum gegeben, daß die Bewohner des hiesigen Kreises nach Kräften dazu beitragen werden, ihren unglücklichen Nachbaren aus der großen Noth zu helfen, um so mehr, als der Winter die Hülflosen bald ereilt.
Der Bürgermeister Blum zu Zingsheim, Expedition der Aachener und Cölner Zeitung sowie die Expedition des hiesigen Unterhaltungsblattes sind bereit Gaben entgegen zu nehmen.
Callmuth im Kreise Schleiden, den 23. August 1873
Freiherr von Harff königl. Landrath,
Blum Bürgermeister, Jos. Wiederich,Joh. Poll, Wilh. Reuter, Joh. Jos. Poll, Wern. Görgen,
Math. Merzenich, Joh. Martin Meyer, Franz Poll, Jos. Vossemer, Joh. Poll jun.
Wern. Schneider, Math. Vogt, Herm. Jos. Esser
Gemeinderaths-Mitglieder von Callmuth“.
Sicherlich etwas später wurde das Brandunglück in Kallmuth auch in der Chronik der Bürgermeisterei Weyer (der Kallmuth angehörte) wie folgend erwähnt:
„Der Ort Kallmuth wurde am 22.08.1873 von einem schrecklichen Brandunglück heimgesucht, wodurch in wenigen Stunden von Mittags ein Uhr ab bis gegen 4 Uhr Nachmittags 34 Wohngebäude zum größten Teil ganz eingeäschert und 44 Familien Obdachlos geworden sind. Menschen selbst sind dabei nicht beschädigt worden und nur zwei Stück Rindvieh sind dabei umgekommen. Über die Entstehung des Feuers hat nichts festgestellt werden können. Den durch den Brand angerichteten Schaden wurde durch
oberflächliche Berechnung an Gebäuden auf 21560 Thaler *
an Mobiliar und Früchten 2060 Thaler *
zusammen also 33620 Thaler * angenommen.
*Bei den Schadenssummen verwendete der Schreiber eine nicht eindeutige Abkürzung. Es dürfte sich hier aber um Thaler handeln.
Berechnet waren die Versicherungsentschädigungen beiläufig auf 18000 Thaler * so das sich ein Verlust von wenigstens 15 bis 16000 Thaler* ergibt. Die Spendungen aus den Nachbarorten an Kleidungsstücken, Hausgeräthen und Viktualien aller Art waren sehr reichlich und nicht weniger die Geldunterstützungen, die dadurch der Herr Pfarrer die ihm zugegangenen nicht angegeben hat, ungefähr Summe von 34 bis 3500 Thaler* angenommen werden können. Der Umstand, daß kein besonderes Unterstützungskomitee gebildet wurde sondern der Gemeinderath die Angelegenheit in die Hand genommen und der Herr Pfarrer nicht zugezogen worden war, hat zu sehr unliebsamen Erwartungen Veranlassung gegeben und hat der Herr Pfarrer die ihm zugegangenen Unterstützungen ohne Angaben nach eigenem Ermessen an die Geschädigten vertheilt“.
Quellen: Unterhaltungsblatt und Anzeiger für den Kreis Schleiden und Umgebung
Chronik der Bürgermeisterei Weyer, im Stadtarchiv Mechernich